Wie einer verwirrten und hilflosen Person am Informationsschalter nicht geholfen wurde.
Am 26. September stieg ich am S-Bahnhof Lichterfelde Ost gegen 19:20 Uhr in die S 26 ein. Eine alte Dame, die ich auf einer Bahnsteig-Bank sitzen gesehen hatte und die Passanten ansprach, kam mit einem offenen Rolltransportbehälter in denselben Waggon und setzte sich. Im Transportbehälter befanden sich Strauchpflanzen mit Wurzeln, die die Frau laut eigener Aussage als Unkraut gejätet haben wollte. Sie habe eine Freundin besucht, erzählte sie mit einem starken Sprachfehler den Fahrgästen und fragte zwei sehr freundliche Bahn-Mitarbeiter in gelben Westen, ob der Zug nach „Peene“ fahre. Einer der beiden Bahn-Mitarbeiter fragte nach: „Nach Tegel?“ Die Dame verneinte und meinte entschieden „nach Peene!“ – wobei sich die Ortsbezeichnung auch für mich wie “Tegel” anhörte.
Ein junger Mann, der nach eigener Auskunft berufliche Erfahrung mit verwirrten Senioren hatte, sprach die Bahn-Mitarbeiter darauf an, dass die alte Dame möglicherweise aus einem Altenheim oder einer Klinik weggelaufen sein könnte. Am S-Bahnhof Priesterweg mussten die beiden Bahnmitarbeiter aussteigen, nachdem sie sich erfolglos um mehr Informationen von Seiten der alten Dame bemüht hatten.
Ich setzte mich zu der Dame und fragte sie zunächst nach Straße und Hausnummer ihrer Wohnung. Sie sagte etwas, das ich aber wegen ihres Sprachfehlers auch in der Wiederholung nicht verstand. Der Ort liege kurz hinter „Peene“, sagte die Frau. Ich fragte darauf, ob sie vielleicht einen Personalausweis bei sich habe. Sie bejahte und holte eine Plastikkarte aus einem Brustbeutel.
Die Plastikkarte erwies sich als BVG-Abokarte, auf deren Rückseite neben einem augenscheinlich die Dame zeigenden Lichtbild ihr Name vermerkt war. Eine Adresse stand dort aber nicht und andere persönliche Dokumente trug die Frau laut Bekunden nicht bei sich.
Ich wiederholte eine Frage, die ihr der junge Mann gestellt hatte, ob sie vielleicht in Lichterfelde Ost in einem Krankenhaus gewesen sei. Sie verneinte und meinte dann: „Meine Mutter ist gestorben.“ Ich ging jetzt fest davon aus, dass die Frau verwirrt sei.
Ich überredete sie, mit mir am Bahnhof Südkreuz auszusteigen, damit ich mit ihr am Informationsschalter fragen könne, wie sie nach Hause komme.
Nachdem ich sie durch gutes Zureden davon abgehalten hatte, in die Ringbahn einzusteigen, begleitete ich sie zum Informationsschalter zwischen den Gleisen 11 und 12. Der Schalter war gerade frei und ein uniformierter Mitarbeiter saß auf seinem Platz.
Ich sprach ihn an und sagte, dass die alte Dame meiner Ansicht nach verwirrt sei und offenbar nicht wisse, wie sie nach Hause komme. Einen Personalausweis habe sie nicht bei sich.
Der Mitarbeiter fragte daraufhin die Seniorin, wohin sie fahren wolle. Aus ihrer Antwort verstand er, wie vorher ich und die oben Genannten in der S-Bahn, „Tegel”. Er gab ihr die Auskunft, sie müsse an Gleis 2 in die S 25 einsteigen. – Anschließend wandte er sich ab, wobei ich niemand außer der alten Dame und mir vor dem Informationsschalter sah. Der Mitarbeiter ging ein keiner Weise auf die Dame ein, fragte also weder nach dem Fahrausweis noch nach ihrem Namen, geschweige denn, dass er die Polizei oder Bahnhofs-Personal verständigt hätte.
Mir blieb nur noch, die Dame zum Gleis 2 zu begleiten.