Köln schunkelt sich in den Wahnsinn, Mainz singt und lacht. Und was mache ich? Ich schaukel – auf Tonwellen. 🙂
NRW wird dieser Tage zur Monarchie. Prinz Karneval übernimmt das Regiment, wenigstens heißt es so.
Als in der kleinen Hansestadt Attendorn Geborener bin ich mit einem eigenwilligen Brauchtum zu den „Tollen Tagen” groß geworden. Sauerländische Tierschutz-Aktivisten beutelt es bestimmt, wenn sie am Veilchendienstag an der Kölner Straße „Kattfiller!“ brüllen müssen, um nicht unangenehm aufzufallen. Womit die Karnevals-Katze „gefüllt“ ist, sieht man mehrfach abgebildet. Nichts für zarte Gemüter… (miauuu – tsennng! Und `putt.)
Als Kind konnte ich mich an den vielen Farben und Kostümen freuen. Später fand ich so manches Ritual recht nett. Zum Beispiel, wenn mein Latein-Lehrer immer an einer bestimmten Stelle stand (am Rathaus, denn er war der Bürgermeister) und mich mit den Worten ansprach: „Na, Steinhoff, wieder frisch?“
Anders als die meisten Altersgenossen hatte ich noch keinerlei Erfahrung mit, sagen wir mal: berauschenden Substanzen. Also keine eigenen. Insofern war ich immer frisch, aber sowas von. 😉
Wenn eines an meiner Energie knabberte, dann Lärm. Ob laute Blechbläser, Beckenschläger, die Lieblingsmusik meiner Klassenkameraden – alles einerlei. Ich hielt mir ohne Scheu die Ohren zu, wenn es mir zu viel wurde. Oder, was noch besser funktionierte: Ich beschäftigte mich mit irgendetwas Eigenem. Heute würde ich das Attribut „Nerd“ dafür bekommen. Damals sagte man einfach „Spinner“. Zur Not reichte auch mein Vorname, denn es gab nur einen, der genau so hieß und der war über jeden Verdacht erhaben.
Vielleicht lag es an den ersten Berliner Vorbeben der Tollen Tage, dass ich am letzten Freitag von meinen früheren Klassenkameraden träumte. Wie man vom vorausgegangenen Absatz leicht ableiten kann, war das kein angenehmer Traum.
Ich kenne die Gefühlsaufwallung, dass „früher alles besser war“. In meinem Fall genügt aber ein etwas genaueres Hinsehen und ich erkenne, dass früher vieles ganz fürchterlich war, niederdrückend und dann unten haltend.
Befreiungsschläge kamen stets Form von Erlebnissen, denen ich die Kraft zum Auflösen meiner Verstrickungen nicht zugetraut hätte.
Es gibt auch natürliche Heilmittel, von deren Kräften ich schon früh wusste. An erster Stelle: Das Meer.
Ich war nie ein guter Schwimmer, bin kein einziges Mal getaucht und habe das auch nicht vor. Wenn ich meinen Jahres-Vorsatz wahr mache und 2018 als Kanute debütiere, lege ich keinen Wert auf übermäßiges Nasswerden. Ob Ozean oder Tegeler See – ich freue mich kindlich daran, wenn ich Wasser mit Hand und Fuß erlebe, meinetwegen auch spritzerweise im Gesicht.
Was mich ureigentlich bezaubert, ist der Wellenschlag. Der ist an der Atlantik-Küste natürlich sehr viel eindrucksvoller als an Berliner Gewässern bei Windstille. Aber es gibt ihn hier wie dort, diesen Rhythmus. Und wenn mir das aktuell noch herrschende Winterwetter den Kontakt zum lebendigen Nass verwehrt, bleibt immer noch der Traum.
Vor zwei Wochen schenkte mir ein befreundeter Künstler ein Bild aus seinem Privat-Atelier. Ich habe es an eine Stelle gesetzt, wo ich es vom Klavier aus sehen kann. Wenn ich Sehnsucht nach dem ruhigen, beständigen Wellenschlag habe, gibt es jetzt einen Platz für mich in den eigenen vier Wänden.
Die Schwimmbewegung ist für mich seit längerem nur noch Theorie. Aber wie man sich von Traumwellen tragen lässt, wissen meine Hände und Füße genau. Ahoi.
Sehr schön und auch ich denke mal darüber nach, welche Schwimm-Zeit ich einrichten sollte. (Sa-Lü).
Dir wünsche ich für die vor der Tür stehende Tegel-Wasser-Saison immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel.
Dein auf dem Trockenen sitzender Vater
Stille Wasser……..