Fundamentale Laute

Gut, dass ich nie Architekt werden wollte. Sonst wäre es längst laut geworden, krawumm. Aber verstummen kommt nicht in Frage, let’s get lautwert again.

Jawohl, lautwert.de lässt wieder von sich hören. Oder jedenfalls lesen, denn Beiträge zum Anhören sind einerseits nicht gefragt und andererseits mit ziemlich viel Aufwand verbunden. Wer den Lautwert-Blogger hören will, sei auf das Podcast-Archiv verwiesen. Oder komme samstags um 18 Uhr nach St. Anna in Berlin Baumschulenweg, da gibt es OTon B live und mit Zugaben. Ich muss verrückt sein, aber ich schlage noch was drauf. 😉

Ein bisschen meschugge bin ich ja sowieso, weil ich einfach nicht die Blog-Klappe halte und das Feld glor- und Glamour-reichen Influencers überlasse. Die sehen viel besser aus als ich, bieten leckere Bilder und nützliche Tip(p)s samt zeitgemäßer Schreibweisen, Insta-Gram(m)atik und angesagter Stil-Blüten. Bei mir gibt’s stattdessen Schachtelsätze nebst Klavier- und Orgelklängen und das alles von durchaus zweifelhafter Qualität. (Keine Koketterie, ich bin mit wirklichen Künstler*innen einschlägiger Disziplinen befreundet und weiß, dass ich deren Niveau auf keinem Gebiet je erreichen werde.)

Und trotzdem: Ich äußere mich – wieder. Was bleibt mir denn sonst übrig?
Als ich noch deutlich jünger und in gewisser Weise offener für Kommendes war, hatte ich ein Vorbild: den aus Österreich stammenden und un-orthodox jüdischen Schriftsteller Franz Werfel. In einem seiner Texte findet sich die Aussage „Leben heißt sich mitteilen.“ (Wenn ich einmal sehr viel freie Zeit habe, suche ich die Stelle.) Anders als ich war Werfel zu Lebzeiten eine ziemlich angesagte Künstler-Persönlichkeit. Außer, er war gerade auf der Flucht vor den Nazis, mit denen seine Gattin, die unvergleichliche Alma, von Haus aus sympathisierte. Aber trotzdem begleitete sie „ihren Franz“ auf seinem Fluchtweg durch Westeuropa bis in die Vereinigten Staaten, wo sich Franz Werfel geschickter anstellte als sein befreundeter Schriftstellerkollege Thomas Mann. Als Literat war der unbestreitbar ein ganz anderes Kaliber als der „Erzähler von Indianergeschichten“, wie sich Werfel einmal selbst charakterisierte. Mit Bezug auf ein Buch, das ihn gleichwohl zum armenischen Nationaldichter machte. Und außerdem: Der im literaturwissenschaftlichen Vergleich deutlich geringere Autor erlebte, dass eines seiner Werke 1943 verfilmt wurde. „Das Lied von Bernadette“ ist das erste Buch, das ich von Werfel las und es liegt mir bis heute am Herzen. Wenn ich einmal in die Ewigkeit gehe, würde ich mich über ein Gesicht im Empfangskomitee besonders freuen, dem ich in eigener Weise schon einmal gegenüberstand. 🙂

Bis es soweit ist, habe ich hoffentlich noch ein bisschen Zeit. Und von der hat niemand etwas, wenn ich nicht ab und zu mal Papp sage. Um das zu können, brauche ich regelmäßig Übung und die gönne ich mir hier. Ich will nicht noch einmal erleben, dass mich jemand als Menschen bezeichnet, der „…ganz in seiner Technik-Welt lebt…“. Nie wurde ich mehr verkannt als damals in München und die Gefahr wird jetzt wieder groß, weil sich mein publizistisches Wirken pandemiebedingt gerade wieder auf technische Handreichungen konzentriert. Pfui. Muss zwar sein, wie der morgendliche Toilettengang, aber leben heißt mehr – sich mitteilen.

Zumal es da so einiges gibt, was ich für mitteilenswert halte. Und wenn es nur meiner persönlichen Belustigung dient.

Die zwei letzten Blog-Beiträge, bei denen ich aus Erinnerungen schöpfte, die für mich mindestens so wichtig sind wie Werfels stärkste Romane, wurden und werden vielfach kommentiert. Echt jetzt? Kommentare?? Alta, was geht ab?

Bagger, die geh’n ab. Oder würden sich unter Umständen in Marsch setzen, wenn ich auf die Kommentare positiv antwortete. Denn in den besagten Kommentaren machen mir Unternehmen das Angebot, für mich eine Baugrube auszuheben und ein schniekes Fundament reinzubauen. Das alles für ein paar (Tausend?) Rubel.
Abgesehen davon, dass man in Odessa offiziell mit Karbovanzen bezahlt und der Boden am Nord-Ufer des Schwarzen Meeres ganz anders beschaffen ist als der von Neukölln, wollen mir diese verlockenden Angebote nicht so recht zusagen. Ich höre gleich einen stotternden Motor, der eine buchstäblich verboten lange Fahrt hinter sich hat. Diese Erinnerung ist real! Wieder so etwas, das ich zu erzählen habe. Auch auf die Gefahr hin, von manchen dann als Erzähler von Indianergeschichten angesehen zu werden. Franz, zeig mir, wie’s geht.

1 Gedanke zu „Fundamentale Laute

  1. Jawoll – mitteilen nenne ich manchmal „Schnauze aufmachen, sonst hört es keiner“. Ich jedenfalls lese jeweils Montags.
    Themen hast Du zahlreich und Humor auch.

    Mit Gruß nach Neukölln

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