Ein Buch liegt auf der Straße

Weil es niemand lesen will vielleicht? Mit einem gutgemeinten Rat habe ich so meine Probleme.

Von einem guten Freund bekam ich kürzlich folgendes in einer E-Mail zu lesen:

Many thanks for your help and discussion yesterday. You should write a book!

Die erwähnte Hilfe tut hier nichts zur Sache. Aber mit der Aufforderung, ein Buch zu schreiben, stimmt der Verfasser in einen Chor ein. Hm, einen Kammerchor. Genau genommen in ein Duett. Wobei das Duett durch ihn zum Duett wird. 😉

Schon vor der Pandemie wurde eine Bekannte nicht müde, mich aufzufordern, ein Kinderbuch zu schreiben. Womöglich als Kollateral-Effekt der anhaltenden Misere ist diese Stimme verstummt. Aber jetzt gibt es ja wieder frische Verstärkung, englischsprachige gar.

Auch wenn ebendieser Freund ein waschechter native speaker des britischen Englisch ist und fortwährend meinen englischen Schreibstil lobt (meine letzten zwei Englisch-Lehrkräfte sahen das total anders) — nicht einmal Dr. O‘D. dürfte von mir ein anglophones Opus erwarten. Allerdings auch kein Kinderbuch. Unsere eingangs erwähnte discussion war zwar jugendfrei, für ABC-Schützen aber komplett langweilig. Unverständlich. Und daher bar jeder Relevanz.

Ich fürchte, die Kleinen sind damit in großer Gesellschaft. Ich schreibe bewusst nicht „in guter“. Denn so viel Selbstbewusstsein gönne ich mir denn doch. Ja, ich bin ein Exot, bin es immer gewesen und gedenke es zu bleiben. Weil ich es richtig finde. Was Massen mögen, schätze ich in aller Regel gering. Nicht aus Prinzip, aber aktuelle Kostproben genügen mir:

Gangster-Rapper stauben mit Sexismus und Eistee ab.

Influencers (nehmt das, ihr Grammatik-Ignoranten) verdienen ihre Knete teils mit noch ärgerem Zeug.

Menschliche Sport-Boliden mit Millionen auf dem Konto sagen zu oft auch dann nicht Nein, wenn zwielichtige Sugardaddies mit Bitcoins wedeln. (Uj, das geht ja gar nicht. Oder doch?)

Da halte ich es lieber mit Kassengift. Beziehungsweise mit von vornherein Unverkäuflichem wie diesem Blog.
Wieder und wieder versuche ich der halben Handvoll Stammlesern zu erklären, dass ich mit meinen Zeilen hier nicht auf ein breites Publikum ziele. Die mit Abstand meisten Kommentar-Vorschläge, locker 95 Prozent, kommen von Phishing-Bots. Für die schreibe ich nicht.

Bei Büchern gelten andere Regeln. Wer da nicht wenigstens auf ein paar Hundert Lesende hoffen darf, lässt es besser bleiben. Produktion und Vertrieb kosten Geld, und zwar nicht zu knapp.
Ich dachte letztes Jahr, also 2020, daran, es einmal mit einem Hörbuch zu versuchen. Wenn es dann ausreichend Nachfrage nach Gedrucktem gäbe, ließe sich ja über eine kleine Auflage in einem noch zu suchenden Verlag nachdenken. Nachdem 40 Podcast-Folgen produziert waren, ließ ich diese Träume fahren. Zugegebenermaßen war das Podcast nicht literarisch und für eine ebenso kleine wie spezielle Zielgruppe (frei nach C. Florin: „eine besondere Sorte Mäuse“) gedacht. Aber die Themen, die mir heute vorschweben, sind genau so massentauglich. Nämlich gar nicht. Nerd bleibt Nerd, neudeutsch gesprochen.

Also doch ein Kinderbuch? Da weiß ich, an wem ich bin. Und kann mich sogar so ausdrücken, dass mich das Publikum versteht, ich es vielleicht gar fesseln kann. Ich kann gut mit Kindern, konnte ich schon immer. Ich erinnere mich, wie ich einmal zwei Achtjährigen eine kindgerechte Version des mittelalterlichen Romans „Erec“ (Hartmann von Aue, ihr erwachsenen Barbaren :p) zum besten gab. Die Kids fanden‘s super. Ihre Eltern guckten irritiert.

In der Praxis sind es leider die Eltern, die ein Buch kaufen oder auch nicht.
Die mittlerweile (hoffentlich nur zwischenzeitlich) verstummte Buch-Antreiberin wollte mich davon überzeugen, ein Kinderbuch über Wespen zu schreiben. Wer mich kennt, weiß, dass ich diese Tiere sehr mag – seit ich sie zu verstehen gelernt habe. Eine erste Lektion „Wespisch für Anfänger“ ließ ich dem oben zitierten Gentleman angedeihen. Er ist wahrlich kein Kind mehr, fand meine Erzählung nach anfänglicher Skepsis aber überzeugend und überraschend. Er wolle meine Dialogratschläge bei nächster Gelegenheit ausprobieren. Na bitte, geht doch.

Vielleicht erlebte Ähnliches auch Waldemar Bonsels. Er verfasste „Die Biene Maja“. Einen Kinderbuch-Klassiker, den ich allen Lesenden meines Blogs empfehlen möchte, zumal der Text gemeinfrei und so kostenlos zu haben ist. Aber – Achtung! Spoiler-Alarm! – im Buch kommt kein Willi vor. Den haben sich die Drehbuch-Leute der japanischen Zeichentrickserie ausgedacht. Oder Karel Gott war‘s, wa? ?

Willi, der natürlich eine besonders liebenswerte Figur ist, könnte durchaus eine Konzession an den Massengeschmack gewesen sein. Er ist ja eine Drohne. Und was mit denen für gewöhnlich passiert, wird im Roman knallhart zur Sprache gebracht. Stich! (Wenn bienen-man Glück hat, dann geht‘s immerhin schnell.)

Und jetzt komme ich mit Wespen. Die einen noch erheblich schlechteren Ruf als die fleißigen Honigbienen haben. Zu Unrecht zwar, aber Wespendrohne möchte ich auch nicht sein.
Aber es gibt ja noch die Fe… – Ups, jetzt hätte ich fast nochmal gespoilert.

Wer die Auflösung in einem Buch bekommen und sie vielleicht zusammen mit seinen Kindern finden möchte, darf sich gerne entsprechend in den Kommentaren äußern. Gebt mir Argumente, um einen Verlag zu interessieren. Das Geld für neue Bücher liegt nicht auf der Straße, sondern in euren Händen.

2 Gedanken zu „Ein Buch liegt auf der Straße

  1. Ich zitiere: „Der Wohnsitz derer von Bonslede lag genau in der Wegmitte zwischen zwei militärisch und strategisch hochbedeutsamen Stellen der Herrschaft Bilstein: der Lennefurt bei Grevenbrück im Norden und der Burganlage Bilstein im Süden. – Waldemar Bonsels, der Autor der „Biene Maja“, führt seinen Stammbaum auf dieses Geschlecht von Bonslede zurück.“ Dein Kinderbuch-Gedanke gefällt mir. Wo kann ich auf DAUMEN HOCH klicken? Gruß aus der Heimat!

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